Mit dem Camper von Tschechien kommend...
Auf unserer Rundreise durch Nordost-Europa überqueren wir die nördliche Grenze zwischen Tschechien und Polen und steuern Jelenia Góra/Hirschberg an. Dort treffen wir uns mit Stani Gregorovich, einer Bekannten aus der Schweiz.
Zusammen mit ihr feiern wir unseren 22. Hochzeitstag (zivil) in einem kleinen Gasthaus mit einer landestypischen Randensuppe, einer Krokette und einem Glas Rotwein aus Bulgarien.
14.-15. Juli 2001
Vorbei an grossen Kornfeldern erreichen wir am Samstagmorgen Wroclaw/Breslau an der Oder, im Westen von Polen.
Breslau ist die Hauptstadt von Niederschlesien und für ihren Marktplatz – den Großen Ring – bekannt, der von ehemaligen Bürgerhäusern gesäumt wird. Auf dem Marktplatz befindet sich neben einer modernen Fontäne auch das gotische Alte Rathaus mit seiner großen astronomischen Uhr. Die ehemalige Dominsel mit der Johannes-Kathedrale ist das eigentliche Wahrzeichen von Breslau.
Weiter geht's zum Freilichtmuseum Wsi Opolskiej in Oppeln, wo man mehrere ländliche Gebäude aus Schlesien besichtigen kann.
Wir campieren irgendwo in Niederschlesien, zwischen Oppeln und Auschwitz. Die Sonne brennt heiss vom Himmel. Wir schieben einen Ruhetag ein, schneiden Haare und stellen uns regelmässig unter die kühlende Aussendusche.
Gegen Abend braten wir uns zwei Koteletten und geniessen ein Risotto mit lokalen Eierschwämmli. Dazu gibts Champagner aus Melnik - ein würdiger Abschluss für unseren 22. Hochzeitstag (kirchlich) ;o)
Das Konzentrationslager Auschwitz war der grösste deutsche Komplex aus Gefangenenlagern zur Zeit des Nationalsozialismus. Auschwitz hatte eine Doppelfunktion als Konzentrations- und Vernichtungslager (Birkenau).
Die während des Zweiten Weltkrieges europaweit gefangen genommenen Menschen wurden per Bahn in das KZ Auschwitz deportiert. Etwa 90 % davon waren Juden aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Rumänien, Sowjetunion, Tschechoslowakei und Ungarn.
In der Nähe des Konzentrationslagers Auschwitz liegt das Vernichtungslager Birkenau. Dort fand im Zuge des Holocaust ein systematischer und fabrikmässiger Mord an europäischen Juden statt. Aber auch andere durch das NS-Regime verfolgte Gruppen wurden dort eingesperrt und ermordet. Die Zahl der Todesopfer beläuft sich auf 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen.
Beschämt und ergriffen verlassen wir nach einigen Stunden diesen beklemmenden Ort und fahren weiter Richtung Krakau.
16.-18. Juli 2001
Am nächsten Morgen fahren wir vom Camping aus mit dem Velo der Weichsel entlang nach Krakau. Von weitem erkennt man den imposanten Wawel, das ehemalige Königsschloss.
Im gut erhaltenen Stadtkern mit dem imposanten Marktplatz stehen die Tuchhallen - ein Handelszentrum aus der Renaissance - und die Marienkirche aus dem 14. Jahrhundert.
Unter einem Sonnenschirm - bei einem grossen Bier - warten wir einen plötzlich niedergehenden Platzregen ab, bevor wir die interessante Altstadt von Krakau weiter erkunden.
18.-21.07.2001
Von Krakau aus fahren wir in den Norden. Nach einer kurzen Burgbesichtigung in Checiny fahren wir weiter bis nach Radom, wo wir uns für die Nacht auf einen Parkplatz stellen.
Im 2. Weltkrieg wird in Radom ein polnisches Heer von der Deutschen Wehrmacht eingekesselt und mehr als 60'000 polnische Soldaten geraten in Gefangenschaft.
Am nächsten Morgen - einem Donnerstag - fahren wir auf den Camping in Warschau ein, satteln unsere Drahtesel und radeln zum Warschauer Kulturpalast. Das von Stalin in Auftrag gegebene 240m hohe Gebäude ist im Stil der Sovietzeit gebaut. Wir lassen uns in einem holprigen Lift in die Höhe tragen und geniessen den Ausblick auf die Stadt.
Auf dem Platz vor dem Grab des unbekannten Soldaten findet eine Vereidigung von Polizisten statt, die wir uns zusammen mit zahlreichen Angehörigen anschauen.
Die Warschauer Altstadt mit dem Königsschloss wurde nach ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg originalgetreu wieder aufgebaut. In ihrem Zentrum liegt der Marktplatz Zamkowy mit pastellfarbenen Häusern und vielen Cafés. Wir schlendern durch die malerischen Gassen und geniessen das geschäftige Treiben.
Warschau ist die weitläufige Hauptstadt Polens. Die vielfältige Architektur der Stadt – von gotischen Kirchen über klassizistische Paläste bis zu Häuserblocks aus der Sowjetzeit und modernen Wolkenkratzern – spiegelt ihre lange, turbulente Geschichte wider.
Am nächsten Tag radeln wir wieder ins Stadt-Zentrum, zum Pawiak-Gefängnis im Warschauer Ghetto, wo über 35'000 Juden umgebracht wurden.
Wir besichtigen auch das Denkmal an den Aufstand im Warschauer Ghetto - das an die Gefallenen des gescheiterten Aufstand im Warschauer Ghetto erinnert - sowie den Umschlagplatz im Ghetto, von wo weitere 60'000 Juden in die Lager abtransportiert wurden.
Auf dem Camping ist inzwischen eine beträchtliche Anzahl deutscher Camper eingetroffen, die unter der Führung der Firma Seabridge nach Moskau weiterfahren will.
Am Samstag gehts weiter in den Norden Richtung Ostsee, wo wir auf einer Auto-Fähre die Weichsel zur Westerplatte überqueren.
Die Westerplatte ist eine bewaldete, sandige, langgestreckte Halbinsel zwischen Ostsee und Danziger Hafenkanal. Bekannt wurde sie durch den Beschuss des polnischen Munitionslagers am 1. September 1939, der als Beginn des Zweiten Weltkrieges gilt.
Heute Sonntag fahren wir mit dem Camper ins Zentrum von Danzig. Wir durchschreiten das Goldene Tor und schlendern durch die Altstadt von Danzig. Auch hier sind die meisten Häuser restauriert - wir mischen uns unter die zahlreichen Touristen.
Als wir zu unserem Camper zurückkehren, sind unsere Velos mit einer dicken Kette umwickelt. Der Parkwächter kommt angerannt und entschuldigt sich für diese Massnahme und meint 'in Danzig kann man nicht vorsichtig genug sein'.
22-23.07.2001
Von Danzig aus fahren wir weiter zum Fischer- und Badeort Leba an der Ostsee, wo wir uns auf einem der zahlreichen Campingplätze einrichten.
Bei Ursi macht sich erstes Unwohlsein bemerkbar, tapfer sieht sie sich jedoch noch den kleinen Hafenort an.
Am nächsten Morgen radeln wir zum Slowinski Nationalpark mit den grössten Wanderdünen Europas - bis zu 42m hoch bei einer Wandergeschwindigkeit pro Jahr von bis zu 10m.
Ursi kämpft inzwischen mit leichtem Fieber und krampfhaften Magen-/Darm-Problemen.
Weiter geht's in Deutschland